Diese Geschichte von 8 algerischen Männern ist direkt mit zwei Fakten verbunden: Den inhumanen Lebensbedingungen für Migrant_innen die den griechischen Abschiebeknästen ausgesetzt sind und die unbekannten Abschiebestatus, der komplett von den Polizeibehörden abhängt.
Fotos von Katja Lihtenvalner.
„Wir verlangen die Freilassung von 8 Migranten, welche verprügelt, gefoltert und mit der Anschuldigung der Anzetteln einer Revolte in der Hölle des Abschiebeknasts Petrou Ralli festgesetzt werden“, war eine der Forderungen einer anarchistischen Gruppe, welche letzte Woche die Polytechnic Fakultät in Athen besetzt hatte, zwei Tage vor dem historischen Jahrestag des Athener Polytechnic Aufstands gegen das Militärregime am 17. November 1974
Die Geschichte der 8 algerischen Männer ist die letzte sehr signifikante Geschichte über Polizeigewalt in griechischen Abschiebeknästen.
Die EU Kommission für die Verhinderung von Folter und inhumaner oder entwürdigender Behandlung oder Bestrafung (CPT) veröffentlichte einen Report über die Behandlung durch Polizeibeamte in dem Athener Abschiebeknast Petrou Ralli in ihrem September Report. Die Behörden werden zu „rigorosen Aktionen gegen diese Form von Behandlung“ aufgefordert.
Zellen in Petrou Ralli „
Cells in Petrou Ralli „dreckig, stickig und verseucht“
CPT beschreibt in seinem Report die Zellen in Petrou Ralli Abschiebeknast als „dreckig, stickig und verseucht“. Neben inhumanen Lebensbedingungen, Polizeibehörden veranlassen „weiterhin verlängerte Abschiebehaft“, wie berichtet wird eine Jahr oder mehr.
Die Konditionen in Petrou Ralli wurden in einem Video dokumentiert, welches nach dem Tod eines 45 jährigen Algeriers letzten Februar veröffentlicht wurde.
Dieses seltene Beweisstück zeigt die Unterbringungszustände in dem Knast, in welchem Migrant_innen in Petrou Ralli leben müssen:
Das Dokument ist schockierend.
„wir haben die Polizei mehr als vier mal gefragt einen Arzt zu rufen um dem kranken Migranten zu helfen. Sie haben verneint zu helfen“ beschreibt der Migrant im Video. Er fügte weiterhin hinzu, das kranke Migrant_innen (AIDS, Hepatitis) mit allen anderen Migrant_innen zusammen eingesperrt werden und somit die Gesundheit aller gefährdet wird.
Was sagt die Polizei?
Wir fragten die griechische Polizei an das Video zu kommentieren und zu bestätigen, dass das Video wirklich in Petrou Ralli Abschiebeknast gedreht wurde.
„In Anbetracht des Videos, erscheint es dass ein Ort gezeigt wird, welcher sehr ähnlich zu den Zellen auf der dritten Etage von Petrou Ralli ist, für vulnerable Migrant_innen. Der Flügel ist zur Zeit nicht in Benutzung für die Inhaftierung von Migrant_innen aufgrund eines Lacks mit der Beleuchtung und der Luftzufuhr“, war die Antwort die wir von den griechischen Polizeibehörden bekamen.
Sie fügen hinzu dass das zuvor genannte Video und der Vorfall in ihm (der Tod eines algerischen Mannes) aktuell Teil einer Polizeiermittlung sei die noch andauere.
Die Antworten der Polizeibehörden sind das Gegenteil zu dem veröffentlichten Video und den Augenzeugenberichten der Migrant_innen.
Das Video zeigt sehr klar, das Migrant_innen in diesen dunkeln Zellen eingesperrt werden: dort ist ein Migrant auf dem Video, auf einer Matratze im Flur und der Bericht des Mannes der das Video drehte.
Der irakische Kurde Shayan Samad bestätigt dies auch in unserem Report für MEE.
„In der zweiten Etage sind einige alte, dunkle und sehr dreckige und stinkende Zellen. In diesen Zellen sind kranke Migrant_innen, sie fügt hinzu.
Foto von Katja Lihtenvalner
Brutale Polizeiattacke
Die kranken Bedingungen in Petrou Ralle und die verlängerte Haft ohne eine Erklärung führte dazu das eine Gruppe Männer am 31. Mai anfing Antworten einzufordern. An diesem Morgen verlangten sie mit dem Direktor der Abschiebeeinrichtung zu sprechen. Die meisten von ihnen waren in erniedrigenden Bedingungen seit über 8 Monaten ohne nachvollziehbare Erklärung inhaftiert.
Wie uns die Migrant_innen erzählten, antwortete die Polizei wie üblich mit der Methode: „Sie versprachen uns, dass nächste Woche jemand sich mit unserem Status auseinandersetzen wird.“ Die Migrant_innen, sich dieser täglichen Polizeiroutine bewusst, verzweifelt und verängstigt, drängten weiter darauf den Direktor der Abschiebeeinrichtung zu sehen.
Was darauf folgte war eine der brutalsten, organisiertesten und heftigsten Attacken der Polizeibeamten, hinter den vier Wänden eines griechischen Abschiebeknastes.
„Die Gruppe bewaffneter Polizisten betrat die Zellen und begann uns brutal zu verprügeln“, wie tief traumatisierte Migrant_innen uns nach der Attacke erzählten. Das Ergebnis war ein gebrochener Arm und Kopfverletzungen, wie „Koordination der Kollektive und Individuen gegen Abschiebehaft“ (SSAEKK) berichtete.
Nach der Attacke gingen die Polizeibehörden weiter: Sie verhafteten 8 algerische Männer und beschuldigten sie des Ungehorsams und des Widerstandes gegenüber Autoritäten. Sie werden in verschiedenen Gefängnissen in Griechenland verteilt in Haft gehalten.
Acht algerische Männer (die meisten von ihnen junge Männer in ihren Zwanzigern) warten jetzt auf Verfahren als Angeklagte im Fall von brutaler Polizeigewalt, was nichts als bestätigt, „das Fehlverhalten“ welches von CPT kritisiert und von Migrant_innen, wie auch von Menschenrechtsorganisationen berichtet wurde.
Foto von Katja Lihtenvalner
Die Forderungen der anarchistischen Gruppe, die letzte Woche die Polytechnic in Athen besetzte wurden nicht beantwortet.
Die 8 algerischen Männer, Opfer von brutaler Polizeigewalt in Petrou Ralli am 31. Mai sind weiterhin im Gefängnis und erwarten ihre Verhandlung.
Der Fall bestätigt nicht als dass die griechischen Abschiebeeinrichtungen unwürdiger sind als ein Staubkorn. In diesen Knästen für Migrant_innen, Inhaftierte hängen komplett von den despotischen und sadistischen Polizeibeamten ab. Und nicht viel wird unternommen diese zu stoppen.
(Die Frage nach Kommentare über Abschiebebedingungen wurde an die verantwortlichen Behörden am 12. Juli 2017 geschickt. Die Polizeibehörde antwortete am 29. August 2017) (Von Katja Lihtenvalner, Athens)